Annette Seehaus-Arnold: Bienen halten:JA – Maul halten: NEIN

Annette Seehaus-Arnold hat ihr Leben den Bienen gewidmet. Warum tut sie das und warum freut sie sich jedes Jahr auf die Jahreshauptversammlung des Bayer-Konzerns?

Es ist Sommer. Das ist die Zeit, in der Bienen viel arbeiten und Annette wenig schläft . Um 3.30 Uhr klingelt ihr Wecker. Da ist es selbst im Sommer noch stock-dunkel. „Da denkst du dir: Oh Gott, du bist doch bescheuert, aber ich muss los, bevor es hell wird.“ Sie fährt dann mit ihren Bienenvölkern in den Sonnen-aufgang und bringt die Kästen an neue Plätze. Abladen, Fluglöcher auf, heim-fahren, duschen und ab ins Büro – in eine Steuerkanzlei als Bilanzbuchhalterin. So geht das wochenlang? 50-60 Stunden für die Bienen. Pro Woche.

Warum?

Ein Vortrag im Jahr 2006 hat Annettes Leben durcheinander geworfen. Der Ti-tel hätte es nicht besser treff en können: „Faszination Biene“. Sie war berührt vom Bienensterben in der ganzen Welt, vor allem in den USA, und wollte sich selbst in der Imkerei versuchen. Ein, viel-leicht zwei Völker im eigenen Garten.  Selber Honig herstellen. Mehr nicht. „Im Frühjahr waren dann alle Bienen tot, der Winter war eine reinste Katastrophe.“ Der erste Imkerversuch scheiterte kläglich. 

EIN NEUER VERSUCH

„Wenn ein Bienenvolk stirbt, dann tut das weh und es fehlt irgendwie etwas. Das schlimme ist, dass der Einzige, der das mitbekommt, der Imker ist. Bei Bienen ist das anders als bei Schweinen oder Hüh-nern. Ein Bienenvolk stirbt einfach still und leise.“ Berührt von dieser Erfahrung machte sich Annette auf eine Reise in die Welt der Bienen.

„Ich bin in die weite Welt gereist und habe mich informiert, wie und wo geimkert wird.
Mich hat das Bienenvirus erwischt. Heilung unmöglich. Da brennst du für immer und für die Bienen.“ Mittlerweile kümmert sich Annette selbst um etwa 80 Bienenvölker Völker in der ganzen Rhön. Auch zu Hause in der Nähe von Burglauer. Das bedeutet auch: Jede Woche nach den Bienen schauen, ab August füttern, Varoa-Behandlungen und viel Fürsorge. Annette spricht von ihren Bienen, wie von Familienmitgliedern. „Ich kenne alle meine Völker. Ich weiß, wie sie ticken und welche Macken sie haben. Manche sind ruhiger, manche lebhaft er. Vor allem die äußeren Bie-nenstöcke sind die lebendigsten. Quasi die Wachhunde des Areals. So ein Bienenvolk spiegelt dir wider, wie du gerade drauf bist. Wenn du voller Spannung und geladen bist, dann merken das auch die Bienen und werden wild . Und wenn du halt gestresst von der Arbeit kommst, dann musst du erst mal runterfahren. So bekommst du eine andere Denkweise für dich und deinen Alltag.“

 

More than honey

Annette möchte mit ihrem Engagement viel mehr als nur guten Honig. „Mir gehtʼs um die Gesundheit der Bienen. Die kriegen wir nur mit einer intakten, ökologischen Landwirtschaft ohne Pestizide hin. Die Biene ist der Umweltindikator Num-mer 1 und alles, was ich heute in einem Bienenvolk finde, das finde ich Jahre und Jahrzehnte später dann im Trinkwasser. Und ich kann sagen: Da rollt noch einiges auf uns zu.“

Angespornt von diesen Prognosen spricht Annette mit Bauern, setzt ihre Bienen bewusst nicht neben gespritzte Äcker und fordert eine andere Landwirtschaft . „Wir brauchen ganzjährige Blühflächen für die Bienen, nicht nur zur Raps-Blüte.“ Annette will mit ihrer Arbeit ein Bewusst-sein für eine ökologische Landwirtschaft bei den Verbrauchern erreichen. Natürlich will sie ihr Wissen, welches sie in den letzten Jahren über die Bienen in der ganzen Welt erlangt hat, auch weiter-geben. Sie lädt, nicht nur zum Ferienprogramm, Kinder in den historischen Obst- und Bienengarten nach Maria Bildhausen ein und zeigt ihnen ihre Welt.
„Wenn ich in die glücklichen Gesichter der Kinderblicke, dann haut mich das um. Und wenn sie mir am Ende sagen, dass die Erlebnisse mit den Bienen besser seien als Fernsehen und Handy, dann bestätigt und beruhigt mich das. Ich will für unsere Kinder und alle Enkelkinder eine intakte Umwelt. Deshalb mache ich das alles.“

Die RHÖN ist Annette nicht genug

Sie setzt sich auch auf Verbandsebene ein. Neun Jahre war sie im Imker-Kreisverband Rhön-Grabfeld und seit zwei Jahren ist sie Vizepräsidentin des Deutschen Berufs und Erwerbsimkerbund (DBIB). Ihr Motto ist dabei: Bienen halten: Ja, Maul halten: Nein.
„Ich wage zu behaupten, dass ich mich in Sachen Spritzmittel besser auskenne, als mancher Landwirt.“ Deshalb demonstriere ich mit meinen Imkerkollegen je-des Jahr bei der Jahreshauptversammlung von Bayer.“ Und weil Annette einen kausalen Zusammenhang zwischen Spritzmitteln und Bienensterben sieht, kaufte sie sich eine Bayer-Aktie. Nicht um den umstrittenen Monsanto-Konzern zu unterstützen, sondern um von ihrem Rede-Recht, welches jedem Aktionär zusteht, Gebrauch zu machen. Medien- wirksam hielt sie im April 2019 eine Rede im gut gefüllten World Conference Center in Bonn, über die viel berichtet wurde. Sie ging auf der Bühne mit dem Bayer-Chef Werner Baumann nach der Monsanto-Übernahme hart ins Gericht, aber auf ihre Art.
„Angesichts ihrer Managementleistungen gehe ich davon aus, dass Sie sich in naher Zukunft beruflich neu orientieren werden“, sagte sie. „Wann möchten Sie mit ihrer Imkerausbildung beginnen? Und käme für einen geeigneten Ausbil-dungsplatz auch ein Umzug für Sie infrage?“ Stille bei den Aktionären.
Der Bayervorstand wurde an diesem Tag übrigens nicht entlastet. Ein Grinsen dazu kann sich Annette nicht verkneifen

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KONTAKT

Lauertaler Imkerei Annette Seehaus-Arnold
Asternweg 11
97724 Burglauer
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